Vor einem Jahr zum Richtfest versprach unser Bauherr Andreas, dass, wenn uns gelingt die Margetshöchheimer Schenke zu bauen, werden wir auf Pilgerreise zum Kreuzberg gehen.
Von uns gesprochene Wort ist teurer als Geld – an einem Juliwochenende war die Zeit reifgeworden um unserem Versprechen nachkommen zu lassen.
Es haben sich mehrere freiwillige Pilger gemeldet: mit dem Fahrrad, motorisiert oder so wie wir: armes Fußvolk (danke Dirk) – Löcher in der Hose, ein Rucksack mit dem ganzen Vermögen drin: ein Zelt, ein Schlafsack, eine Isomatte und das entsprechende Reisegebäck.
Am Freitag früh, nachdem der Michi schon seine Fliesen verfugt hat, haben wir uns als Avantgarde auf den Weg gemacht; mit dem Plan, dass wir lieber nichts planen, aber mit aller Ruhe bis zum Einbruch der Dunkelheit am Sonntag, das Ziel erreichen zu wollen. Auf uns wartete die 90km lange Route. Die anderen Wanderer sollten uns den nächsten Tag folgen. Margetshöchheim weinte, als wir loslegen wollten. Es regnete, nieselte – der Himmel streichelte uns wählerisch.
Die nächste Truppe hatte aber einen Hollywood-Abschied:
Auch die Maingänse waren eher überrascht, dass die uns um diese Zeit nicht auf der Arbeit, sondern beim dekadenten Wandern sehen.
Die ersten Kilometer Mainentlang waren blitzschnell. In Zellingen ein Sprung auf die andere Mainseite in Retzbach und dann ein wenig bergauf nach Stetten. Alles läuft fast langweilig idyllisch: Wein und Wälder, Biergerste und Weizen, von Frucht geschwollene Kirschenbäume an den Feldwegen, die wir von ihrer Last befreien wollten😊
Schon in Stetten wollte der Magen nach was Gescheiten fragen – offen hatte jedoch nur der Bäcker. Wie jeder gescheite Bäcker in der Gegend hatte aber auch kalten Pilsner aus Thüngen. In jedem nächsten Dorf fragten wir doch nach einer Wirtschaft: „Hier war mal eine…“ – war immer die Antwort. In den Augen den Befragten sahen wir Erinnerungen aus allen diesen Jahren, als sich das Leben der Gemeinschaft in dem Wirtshaus konzertierte: das tägliche Bier, der Sauerbraten, Taufen und Beerdigungen, Streit und Frieden, Schafkopf und Räuberschach: das verlorene Paradies…
…Eine war dann noch in Hundsbach – „Zur Krone“ – ein zauberhafter, romantischer Biergarten im fränkischen Ambiente. Die nette Wirtin konnte zwar von uns seit Stunden gewünschten saftigen, zarten Sauerbraten (ohne Zimt), mit zwei seidenen Klös und dunkler, vielleicht leicht pikant die Zunge anbeißender Biersoße dezent mit Petersilie geschmückt nicht anbieten – der Mohnkuchen war auch wirklich gar nicht so schlecht. Mein Magen verträgt jedoch sehr schlecht Süßigkeiten. Wie aber der uns bekannter Globetrotter Bajda behauptet: Reisen besteht zur Hälfte aus der Suche nach dem Essen und die andere Hälfte ist die Suche nach einer Toilette 😊
Energetisch ausgerüstet wollten wir mithilfe einer Kürzung Pfaffenhausen bei Hammelburg erreichen. Als wir dann vor Hammelburg unsere Tour auf den Weg Nr. 13 steuerten, musste ich laut mitteilen, dass ich abergläubig bin: in einem Wäldchen haben wir dann unseren Pfad verloren und dann in dieser Wildnis hat den Michi ein Insekt ins Gesicht gestochen (Biene? Wespe?)
Innerhalb von wenigen Minuten ist Michis Gesicht doppelt so groß geworden. So schnell wie möglich erreichten wir Pfaffenhausen.
Mit allen dazu gehörten Feierlichkeiten wie Blaulicht und Sirene wurde unser Michi nach Kissingen geliefert, wo er dann noch drei Spritzen zu sich nehmen musste. Laut Arzt sollte er sich erstmal im Krankenhaus ausruhen lassen aber Michi ist zäh – nachdem er wieder seine Augen öffnen konnte, hat sich gewünscht Heim gefahren zu werden. Sodas noch vor Mitternacht dürfte er seinen Mund mit mitgebrachtem Marokkaner Hellen abkühlen.
Was für ein Ungeheuer es war, das unseren Michi angegriffen hat, weiß Keiner – laut Doktor etwas Exotisches … oder war es die verlorene biologische Wunderwaffe der Bundeswehr (Infanterie Hammelburg?), die die Kaserne vor den Fremden schützen wollte. Als Ziel war vielleicht Autor dieser Worte – als ehemaliges Mitglied des Warschauer Paktes. Die Insekten wurden halt seit über 30 Jahren nicht upgedatet und konnten nicht wissen, dass im Moment wir auf derselben hellen Seite der Macht sind…
Am nächsten Morgen kam der Michi wie nagelneu; als ob nichts passierte: mit Energie zeigte er wieder seine Geheimtipps bei Hammelburg – schon da genossen wir einige Umwege: die ältesten fränkischen Weinberge, mysteriöse Figuren die mit ihren Blick das Saaletal im Griff haben. Dann war es eigentlich klar, dass wir uns schon nach der Route nicht mehr halten. Es gab aber keine Stimmen dagegen – die Natur hat uns mit unserer Erlaubnis betäubt. Erst in Frankenbrunn konnten wir feststellen, dass wir vielleicht zu weit weg von dem vorgesehenen Trakt entfernt sind. Zur Hilfe haben wir dann den Google Routenplaner gerufen – die kürzeste Strecke mit ca. 40 km zeigte er durch den Neuwirtshauser Forst. Unsere Chancen Kreuzberg noch am Samstag zu erreichen wurden dann rapid geringer aber der Weg hat uns angenommen.
Wie man auf der Karte sieht (vide: vorletzter Artikel), sollte das Google das Wegenetz ausbessern – die Pfade nutzen eher Wildschweine als Wanderer. Als wir endlich den Hauptwaldweg erreicht haben und wollten die Autobahn durchforcieren, stellte sich raus, dass die Autobahnbrücke gerade saniert wird – der Durchgang wurde mit zwei Meter hohen Gitter mit deutscher Genauigkeit um gezäumt und allen möglichen knallroten Buchstaben verboten.
Alternativen:
- Zurück
- Autobahn trotz dem dichten Verkehr zu überqueren – mit schweren Rucksäcken konnten wir aber nicht schnell genug laufen.
- Gesetz brechen und das Baustellengelände betreten.
Ich darf selbstverständlich nicht verraten, was wir taten aber der Herr Gott liebt die Zahl „Drei“.
Hinter der Autobahn zog sich der Wald weiterhin. Durstig, hungrig, hoffnungslos beinahe mussten wir bei der Autobahnraststätte Rhön Ost an der A7 einkehren, wo wir Flüssigkeiten und Kalorien ergänzt haben.
Die eigentliche Rettung, laut Google, war noch ein paar Kilometer weiter: der Grieche in Geroda. Gyros ist kein Sauerbraten – das weiß man. Wir klopften aber tatsächlich drei Minuten von der theoretischen Eröffnung – der Wirt Stefanos begrüßte uns und mitteilte, dass am Wochenende das Lokal geschlossen ist, weil sein Personal, wie jeder zivilisierte Mensch nur unter der Woche arbeiten will. Jetzt also gibs nur Essen auf Bestellung, was er selbst vorbereiten kann. Wir haben unser warmes Griechisches halt auf die Gasthaustreppe bestellt😊
Der Weg hat uns zum Würzburger Haus bergauf gerufen – wir waren in der Rhön. In der Hütte gabs keine Übernachtungsmöglichkeiten und keine Duschmöglichkeiten mehr. Mit Genehmigung haben wir unsere Zelte auf dem Parkplatz vor der Hütte aufgeschlagen, wo wir dann unsere Körper den Insekten der schwarzen Berge zur Verfügung gestellt haben. Es gab auch schon das berühmte Klosterbier…😊
Für die Rhön mit ihrer Figuren kommt bestimmt eines Tages ein Sonderartikel. Die Zeit ist noch nicht reif genug.
An einem perfekten Sonntag hatten wir die Ehre im Kloster Kreuzberg einkehren zu dürfen. Was wir in drei Tagen erreicht haben, hat unser Andreas vom Sportlerteam in einem Tag geschafft.